Der Tag an dem Paul Walker starb

4 comments
...das ist heute.
Ich meide schon den ganzen Tag Facebook und Co um nicht diese Flut von Doppelmoral, Selbstgefälligkeit und Scheinheiligkeit ausgesetzt zu sein.
Ich frage mich immer, wieso Menschen den Tod mit einem anderen Tod gleichsetzen. Nur weil jemand eine üblere Tat begeht als ich, bedeutet das noch lange nicht, dass das meine Taten heiligt. Ich denke, das ist das gleiche Prinzip. Ein Mensch ist gestorben, mit ihm noch jemand. Und außerhalb dieses Ereignisses noch viele weitere auf der ganzen Welt. Aber zu schreiben "Betrauert ihn, als hättet ihr in selbst gekannt und in Afrika verrecken Kinder jeden Tag" ist einfach so herausgerissen aus jedwedem Kontext, dass es mir die Fußnägel hochrollt. Das ist wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen.



An dem Tag als Michael Jackson starb habe ich viel geweint. Ich war betrübt und übellaunig. Er war einer meiner Helden aus Kindertagen. Ich stand schon als 11jährige mit Schrubberbürste unter der Dusche und habe seine Songs gesungen. Wenn ich Kummer hatte, da hab ich meinen Trost in seiner Musik gefunden. Und ich habe getrauert, als einer meiner Kinderhelden nichtmehr da war.



Meine Mutter weinte bitterlich an dem Tag als Patrick Swayze starb. Als junges Mädchen verliebte sie sich in dieses Teenieidol, das als Poster an ihrer Wand hing. Ihr Lieblingsfilm ist Zeit meines Lebens immer schon Dirty dancing gewesen und sie kann ihn wahrscheinlich von vorn bis hinten mit synchronisieren. An diesem Tag also, also die Nachrichten voll von seinem Tod waren, weinte meine Mutter um ein Stückchen Leben aus ihrer Vergangenheit. Etwas, das immer da gewesen war und fest in ihrer Erinnerung. Ein Held ihrer Jugend war gestorben.




Paul Walker mag vielleicht für mich oder sonst auch einige nicht eine derartige Funktion gehabt haben und ich schreibe diesen Artikel sicher nicht wegen ihm. Aber ich bin mir sicher, es gab Leute die seinen Tod betrauern, ohne ihn persönlich gekannt zu haben. Und wer wäre ich, das zu beurteilen? Man kann den einen Unglücksfall doch nicht mit anderen schlimmen Dingen rechtfertigen? Macht es seinen Tod jetzt weniger traurig, dass wir wissen, dass es noch mehr Leute gibt die einfach so sterben?

Das paradoxe an der ganzen Sache ist wohl auch die Tatsache, dass er sich sozial und mit Stiftungen für viele Sachen eingesetzt hat. Aber das war es ja schon immer, was Leute gut können. urteilen.
An einem Tag sagt man, die die das Geld haben, sollten es für wohltätige Zwecke einsetzen und im gleichen Atemzug degradiert man den Tod eben solcher Menschen zu einem "na und, überall sterben Leute".

Und genau das sind die Personen, die nicht darüber nachdenken, wen sie tatsächlich tagtäglich ausbeuten. Wo sie ihre Produkte kaufen, wie die hergestellt sind. Die meisten interessiert es nichtmal, ob die Frau vom Nachbarn wieder krankenhausreif geschlagen wird. Ich weiß das, da ich über 3 Jahre die einzige war, die überhaupt noch die Polizei angerufen hat. Und soviele da draußen plappern immernoch nach, was ihnen als erste Facebook Statusmeldung entgegenspringt. Wo wir grade eh schon dabei waren Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Das macht mich echt sauer.

Lasst die Leute leben. Lasst die Leute sterben. Aber man sollte zuerst mal an die eigene Nase fassen und sich fragen wer man ist, soetwas zu beurteilen oder einen Vergleich zu ziehen.
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4 Kommentare:

  1. Gott, wie wahr! Ich hätt's nicht besser schreiben können!

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  2. Wahre Worte. Die Leute zeigen nunmal gerne mit dem Finger auf andere, um von sich abzulenken. Du hast das schön geschrieben!
    Danke.
    Lg
    Katja
    Killergaenseblume.blogspot.de

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  3. Auch wenn ich nich ganz verstanden habe, worauf du eigentlich hinaus wolltest, möchte ich dazu bemerken: Bei Paul Walker hielt sich das Drama noch in Grenzen - die Statusmeldungen dazu waren vergleichbar mit denen von Dieter Hildebrandt. Bei Robert Pattionson hätte man vermutlich mehr Truble gemacht :-) Natürlich trauert jeder anders, und um jemand anderen. Aber es scheint bei Promis so, als würde für einen neuen Film geworben: Ihr kennt sie nicht, aber informiert sein ist wichtig! Ihr habt keinen Bezug, aber traurig ist es trotzdem! Kollektivtrauer für die Boulevard-Freunde.

    Bei Swayze (?) fand ich es nur traurig, dass er nicht mehr zeigen konnte, was in ihm steckt. Aber ob man um ihn trauern sollte oder nicht, dass sollte er selbst wissen :-)

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  4. Absolut richtig.
    Aber die "andere Seite" ist jawohl nicht weniger scheinheilig. Wenn man um einen Menschen trauert, sei es ein Familienmitglied, Freund, Bekannter oder Idol/Star, dann braucht man dazu kein Facebook, um sich "ins richtige Licht zu rücken" und zu zeigen, was für eine supertolle, großherzige Person man doch ist, dass man Mitgefühl zeigt. Dritte wissen nie, wie man zu dem Verstorbenen stand und ob es tatsächlich irgendeine Bindung war, egal, welcher Art. Aber das müssen sie doch auch gar nicht.
    "R.I.P Tralala" geht mit nach dem tausendsten Post ebenso auf die Nerven wie die, die dagegen wetteifern.
    Nur gäbe es ohne erstes auch zweiteres nicht.

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